Noch im November 2014 existierte dieser geheimnisvolle Blick: Vom Kanal aus, der das Wasser von der "wilden Würm" zum Schloss Nymphenburg transportiert, der in seiner Sichtachse nur einen Teil des Grundstücks freigab, aber ganz vorne die Vorderseite des Häuschens, in dem ich Kind war, zu erkennen gab.

   
 

Erst wenn man dann in das Anwesen eingetreten war, weitete sich der Blick auf ein beinahe herrschaftlich zu nennendes Ensemble von Gebäuden und Gartenlandschaft. -

Das Wäldchen mit seinen Nadelbäumen verwehrte den am Kanal vorübergehenden Spaziergängern, Passanten und benachbarten Anwohnern,  das Kleinod, die freie Einsicht, den Blick auf die Idylle. Die immer-grüne Barriere beförderte und verfestigte eine geschützte, teils gewollte, teils hingenommne Abgeschiedenheit, die der frei gewählten Zurückgezogenheit einiger Bewohner entgegen zu kommen schien.

   
  Aus gegebenem Anlass wird an dieser Stelle die Information nachgereicht, dass das Grundstück der Familie Flossmann und Erber, das mit seinen Ateliers über viele Jahrzehnte Künstlern mit ihrem Anhang eine Heimat und eine Arbeitsstätte gab, nun in einer gravierenden Weise Einschnitte erfahren hat und erfährt, indem  der vordere Teild des Eingangsbereichs mit dem Wäldchen einer Neubebauung weicht. - Damit ist auch die Adresse der Marsopstrasse Vergangenheit. Bewohner  und Besucher der beiden Gebäude, die bis jetzt nicht zur Disposition stehen, betreten das Grundstück nun von der rückwärtigen Seite der Feichthofstrasse.     
 

Es steht meiner Person nicht an, den Umstand der verändernden Eingriffe zu bewerten. Aber ganz zu verbergen brauche ich die nostalgischen Empfindungen nicht, mit denen ich diese Veränderung zur Kenntnis zu nehmen habe. 

 

Dabei möchte ich auch an dieser Stelle betonen, dass ich mit vielen Mitgliedern der Familie, den Grundstückseigentümern, in gutem Kontakt  stehe.- Und mich schon aus diesem Grunde ganz bewusst einer eindeutigen Parteinahme verweigere. -

 

Aber vor dem Hintergrund, dass ich mich durchaus dankbar weiss, dorten meine Enfance, meine Kindheitsjahre verbracht zu haben, trauere ich ob der unwiderbringlichen Verluste an Baum, Strauch und der vielversprechenden, edlen Wegstrecke. 

 

 

 

Immerhin. - Was sich als Zerstörung ausnimmt, als Zwischenzeit, bevor Kran und Bagger, Betonmischer und Gerüstbauer diesen Platz für sich einnehmen werden, gibt Gelegenheit zum ungewöhnlcihen Einblick von der südlichen Seite der Marsopstrasse.

Veränderungen begleiten das Leben. Kindheit und Heimat avancieren von ortsgebundenen Konstrukten zu konstitutiven Phantasmen.

 

 

Photographie an der Schnittstelle. 

Thomas J.M. Hauzenberger

30.9.201 5

 

 

 

 

 

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1992

 

 

   

 

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