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"Evangelisch" in Oberbayern:

2017 ist ein Buch von Peter Gauweiler, dem einstmals polterndem Ziehsohn von  Franz-Josef Strauß, der heute eher altersmilde und altersweise  von sich reden macht, mit dem Titel "Evangelisch in Bayern" erschienen. In einem sinnreichen Bild beschreibt er den gerade für Altbayern bis heute prägenden kulturellen Katholizismus als grosse, überbordende opulente Fest-Tafel. Dem "evangelischen" Beitrag zu diesem Festmahl entspräche als Nahrungsmittel, auf das er nicht verzichten wolle, ein Vollkornbrot. -

Was aber, wenn in der vorgeblichen Kleinstzelle, der Familie dieser gedeckte Tisch steht.- Wenn man so will, habe ich nämlich dieses Lebensgefühl einer Dichotomie, einer Zweiteilung, mit Vor- und Nachteilen, bereits zu Hause in der kleinsten Einheit als Kind einer evangelischen Mutter und eines katholischen Vaters auf verschiedene Weise von früh an mitbekommen. - Und stelle ich mir auf der einen Seite Kreszenz, meine Großmutter väterlicherseits vor, dann steht vor mir eine warmherzige, wenngleich einfache, tief religiöse Frau, die ihr Kind in prekären Umständen liebevoll grosszieht. - Aus den kargen Gegenden Niederbayerns hatten sich ihre Eltern in die Metropole als Dienstmägde und Tagelöhner um die Jahrhundertwende aufgemacht.- Auf der anderen Seite sehe ich Eugenie, die fliessend französisch sprechende distinguierte Großmutter meiner Mutter, die aus dem württembergischen Mühlacker stammt (das über eine lange Tradition von Kirchen jenseits des Katholizismus, u.a. der Waldenser, verfügt ) und die sich in der Fränkischen Schweiz eingeheiratet hat. - In dieser Famile in Gräfenberg - bis 1957 war man im Besitz einer Turmuhrenfabrik - berief man sich stolz auf eine französische, bzw. hugenottische Herkunft.

Fällt der Blick zurück auf die die spannungsreiche Geschichte Bayerns der letzten 200 Jahre bzw. 400 Jahre - gerade jetzt erinnert man in den Feuilletons an den Großen Krieg, den sog. Dreissigjährigen Krieg  - nimmt es nicht Wunder, dass bis heute Anzeichen für zum Teil unvereinbare religiöse und kulturelle mentalitätsstiftende Unterschiede in einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft erkennbar sind. - Dass Baiern Anfang des 19. Jahrhunderts die Königswürde erhielt, war allein Napoleon zu verdanken. - Er wollte - neben seiner folgenreichen Betätigung als Nachlassverwalter der Französichen Revoilution auf den Schlachtfeldern - seine Familie und sich selbst mit altem europäischen Adel aufwerten. - In der selben Epoche erweiterte sich das bereits in der Moderniseriung von Montgelas nachhaltig veränderte Baiern  um die fränkischen, überwiegend evangeischen Gebiete. - Obwohl Ludwig I., König von Bayern von 1825, den französischen Kurs seines Vaters zusammen mit der Klerus-und Klöster-feindlichen Politik zurückdrehen wollte, musste der Monarch sich nun auch als Oberhaupt der evangelischen Bürger verstehen. - Dass die drei bayerischen Könige zwar  jeweils protestantische Prinzessinnen ehelichen konnten, aber sich vom katholischen Klerus in den Ehevertag die katholische Erzeihung der Kinder hinein diktieren lassen musste, zeigt den widersprüchlichen Umgang mit der Konfessionsverschiedenheit. -

Vergegenwärtigt man sich nun die im letzten Jahr ökumenisch begangenen Veranstaltungen und Feste zum Luther-, bzw- Reformationsjubiläum in Bayern und in ganz Deutschland, so kann dieser Befund nur positiv ausfallen. -

 

 

 

 

 

 

Kubus als Argument - Neuvermessung des heiligen Bezirks: Die Herz-Jesu Kirche in München-Neuhausen 

 

 

 

Als ein Juwel des späten Historismus gilt die fast orginal erhaltene evangelische Lukaskirche des Architekten Albert Schmidt. - Eine in der zweiten Hälfte des 19. Jahhrunderts selbstbewusst werdende evangelische Stadtbevölkerung hatte den Sakral-Bau mit seinen bewusst vorreformatorischen Zitaten aus Romanik und Hochgotik in der katholischen Stadt an einem gut gelegenen Ort an der Isar durchsetzen können. 

 

 

 

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