1978/

1979 

Als mir ein jüngerer Freund unlängst auf die Sprünge half, was die aktuellen zeithistorischen Debatten anlangt, die zum Teil schon unter dem Signum "Neuer Historikerstreit" firmieren, wurde mir selbst klar, dass ich zu einem bildungsbürgerlich ausgerichteten links-liberalen, in Westdeutschland sozialisierten Milieu angehöre, das sich grosso modo mit einem fehlenden, bis negativen Nationalbewusstsein auszeichnet.- 

Nichzuletzt aus diesem Grund beäugte man, also auch ich, die sich öffnende Tür auf dem Weg zu einer deutschen Wiedervereinigung mit mehr als purem Argwohn. - Man stand aus anderem Grunde auf der Seite unserer europäischen Partner, damals in Person des Sozialisten Mitterand und der konservativen Thatcher, und wünschte sich insgeheim aus dem Bauch heraus, dass dieser seltsame Status quo zweier deutscher Staatenbeibehalten werde.- Zweistaatlichkeit als eine Art indirekter Holocaust-Denkmal? - Auf jeden Fall kam die Einheit möglicherweise deshalb zu früh, indem man in der DDR tatsächlich eine Art sozialistischer, übernationaler Staatlichkeit, aus den Beobachterposten des kalten Krieges wahrnahm.- Tatsächlich scheint einiges dafür zu sprechen, dass es vice versa sich gegenteilig verhielt.- Denn der politisch, von den staatlichen Akteuren verantworteten, Westbindung, deren Projekt zumindest bereits im Vorfeld des 1. Weltkrieges eine Art Kristalllisationserlebnis teilte, folgte ein Besatzungsregime der US-Aermerikaner, aber auch der Briten und der Franzosen in abgeschwächter Form, das sich aus gegenseitigen Interessenlagen zu einer partnerschaftlichen Allianz entwicklen sollte.- Die Topliste d Ausgang des 2. Weltkriegs aus der USA.- 

DIE USA waren zugleich Bewährungshelfer und Handelsvertreter. - Die wieder implantierten Wertesysteme von Rechtsstaatlichkeit, demokratischen Verfahren appellierten nicht an die "besiegten Feindstaat" als Oktroyiert

"Holocaust", der Film von Marvin J. Chomsky,  als Zäsur - "Trivial-Kunst" schlägt seröse Geschichtsschreibung

Tatsächlich verändert sich durch den amerikanischen Vierteiler "Holocaust", in dem u.a. die noch junge Meryl Streep neben James Wood ihren Auftritt hat, die gesamte Ausrichtung auf das sog. Dritte Reich. - Es ist eine Zäsur, die endlich die Täterbeezeichnung "Endlösung" ablösen wird. (Wenngleich auch der Begriff des religiös aufgeladenen Ganzheits-Opfers "Holocaust" nicht unumstritten ist)  Obwohl die Machart zu Beginn auf Kritik stösst, scheint die Spielfilmserie, die eine fiktive Geschichte der jüdischen Familie Weiss mit der fiktiven Geschichte der Nazi-Familie Dorf über die Jahre in Stellung bringt, in eine Lücke zu stossen, die die vorgeblich seriöse, sich um Versachlichung bemühte Geschichtssschreibung gelassen hat.-  Besonders die nicht fiktiven, sondern auf tatsächlich stattgefundenen Begegebenheiten der Verfolgungsgeschichte und des Juden-Mordes entfalten, durch die Erzählperspektive der beiden Familien (Opfer- und Täter), eine enorme sugesstive Kraft.- 

 

 
 

Organisation und Schülerinnenbefragung: Die amerikanische Anne-Frank-Verfilmung rührt und macht weinen, stellt aber lediglich eine vordergründige Beschäftigung mit dem Holocaust dar.  "Hannah Arendt"

Im Rahmen der Schülermitverwaltung am Pater-Rupert-Mayer-Gymnasium, (im Jahr 1979 wurde in einem Festakt mit Kardinal Joseph Ratzinger die Schule nach dem Jesuiten benannt, der Zeugnis ablegte im Widerstand gegen den NS-Staat)  Überlegungen zu einer Inszenierung von Peter Weiss' Ermittlung, dem Oratorium, das im Zuge der Frankfurter Auschwitzprozesse, 1967 erstmals zeitgleich in mehreren europäischen Städten zur Aufführung kam. Antisemitische Äußerungen unter der Schülerschaft führen zu einer Veranstaltung über Rechtsextremismus und Antisemitismus. 

Auch versagten einige Familie ihren Kindern die Erlaubnus, die Gedenkstätte des eh. Konzentrationslagers Dachau zu besuchen.

 

 
   
February, 1986

"S H O A H ", die epochenmachende Filmmontage des französischen Pblizisten und Filmemachers Claude Lanzmann

Nach der deutschen Premiere der 9einhalb-stündigen Filmontage SHOAH von Claude Lanzmann bei den Berliner Filmfestspielen: Initiative für eine erste öffentliche Kino-Aufführung. - (Arena-Kino, München) In Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat München und Pandora Filmverleih Frankfurt. 

 
1987

Zusammen mit Gabriella M. und mit der Unterstützung von Ellen P. folgt eine zweitägige Privatvorstellung im Rio-Filmtheater mit 250 Zuschauern.


Aufgrund einer Strafanzeige von Ingrid Schönhuber, Rechtsanwältin und Ehefrau von Franz Schönhuber, dem Vorsitzenden der rechtsradikalen Partei DIE REPUBLIKANER, Prozess vor dem Amtsgericht München (Sachbesch. Ehrabschneidende Beleidigung) mit RA Jürgen Arnold. - Der Nazi-Vorwurf gegen eine Person, der seine ehem. Mitgliedschaft Inder Waffen-SS in einem Buch verherrlichend und geschichtsklitternd schildert, ist gerechtfertigt. - 


 

 
1987

Hugendubel duldet Geschichtsrevisionismus

Das eh. Stammhaus der Hugendubel-Buchläden am Salvator-Platz  unterthält in seiner Geschichtsabteilung ein Buchsortiment, das aus revisionistischen, rechtsradikalen   Verlagsprodukten besteht.- Nach vielfältigen  Protesten unter Einbeziehung der Gewerkschaft des Buchhandels und nach der Ankündigung, die Süddeutsche Zeitung darauf aufmerksam zu machen,  verschwindet über Nacht das gesamte Sortiment; der verantwortliche Buchhändler wird entlassen.- 

Ein ehm. KZ-Adjutant von Lublin-Majdanek gibt vor, von seiner "Schreibstube" aus von Vergasungen und Massentötungen nichts gewusst zu haben.

Einer Ankündigung in der Süddeutschen Zeitung über einen Prozess gegen einen ehemaligen Adjutanten des Konzentrations- und Vernichtungslagers Lublin-Majdanek, folgt im August 1988 die erste Fahrt nach Bielefeld, wo am Landgericht das Verfahren gegen Karl Friedrich Höcker eröffnet wird. 

Zusammen mit anderen Prozessbeobachtern entsteht eine Gruppe, die sich zum Ziel setzt' das Verfahren, das von gerichtlicher Seite nicht protokolliert wird,  zu dokumentieren. - 1974 war aus verwaltungstechnischen Gründen die Wortprotokollierung von Land- und Oberlandesgerichtsprozessen ausgesetzt worden. 

Im Mai 1988 endet das Bielefelder Verfahren.- Karl-Friedrich Höcker, der zu einer mehrjärhigen Gefängnisstrafe verurteilt wird, wird Jahre später bekannt als Fotograf von Auschwitz.- 

 

 

 

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